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20.11.2023

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4 Min.

„Wir sind nicht reich genug, um billig zu kaufen“

Text:

Reine Online-Händler haben nach der Pandemie härtere Zeiten durchzustehen – und kontern mit neuer Technik und Verkaufserlebnissen. Aber auch klassische Markenhersteller haben so Chancen auf neues Geschäft. E-Commerce-Experte Richard C. Geibel erklärt, wie das geht und welche Firmen und Branchen besonderes Potenzial haben. 

Herr Geibel, wo haben Sie zuletzt online eingekauft?

Das war auf Amazon. Ich bin da fast von Anfang an dabei. Man findet wirklich alles, was wichtig ist, und auch als Trendsetter ist dieser Anbieter im E-Commerce nach wie vor hochrelevant.

Was ist denn gerade so ein Trend?

Amazon LIVE zum Beispiel. Da führen Prominente wie Heidi Klum oder bekannte Influencer live im Video auf der Amazon-Seite neue Produkte vor. 

Klingt wie Omas Teleshopping.

Das Revolutionäre dabei: Sie können die Produkte auch sofort während der Show direkt auf der Seite kaufen – oder mit ihren Freunden, die auch bei Amazon sind, darüber chatten. Alles aus einer App, mit einem Klick.

Also Social Media und Shopping auf einer Plattform?

Genau, bei der neuen Verbindung von Social Media und E-Commerce werden einerseits Funktionen aus dem E-Commerce wie E-Payment und Fulfillment in die Social-Media-Plattformen inte­griert und andererseits – wie gerade mit Amazon LIVE beschrieben – Elemente aus Social Media wie Chat-Funktionen oder Empfehlungen in die E-Commerce-Plattformen eingebunden.

Auf Facebook oder Instagram werden mir doch auch schon Produkte angeboten.

Ja, aber meistens nur über einen Link, bei dem sie dann die App oder Seite wieder verlassen müssen. Außerdem müssen sie sich dann beim Anbieter des Produktes eventuell wieder neu registrieren, ihre Bankverbindung eingeben und die Lieferadresse. Ziemlich lästig und aufwendig. Beim Social Commerce wird ihnen das alles abgenommen, weil die Handelsplattform ja schon alle diese Kontakte zu ihnen hat; das ermöglicht dem Kunden also eine ununterbrochene Customer Journey.

Also den ununterbrochenen Weg über Kundenkontakte online oder offline, von Mensch zu Mensch oder per Telefon, Messenger, Chatbots und vielem mehr.

Ja. Wenn das völlig nahtlos vernetzt ist, erzielen Anbieter mehr Verkäufe, und auch die Influencer werden nicht mehr allein nach Reichweite, sondern nach wirklichen Verkäufen honoriert. 

Und Amazon schluckt alle Daten – statt Meta.

Die großen E-Commerce-Plattformen möchten das Geschäft künftig nicht den Social-Media-Plattformen überlassen. Man kann auch sagen: „The empire strikes back.“ Der Trend zum Social Commerce ist eindeutig und stetig wachsend.

Also werden das auch klassische Anbieter wie Otto, Zalando oder Tchibo anbieten?

Die experimentieren schon längst damit. Zalando etwa hat einzelne Shoppable Videos auch schon auf seiner Seite.

Ich kaufe einen neuen Anzug trotzdem lieber in der City.

Das geht mir auch so. Nach der Spitze während der Pandemie ist nach Corona der elektronische Handel um bis zu 15 Prozent eingebrochen, weil die Menschen wieder soziale Begegnungen wollen – und echte Erlebnisse in anregender Umgebung. Gerade bei höherwertigen Waren wird der stationäre Handel darum weiter wichtig bleiben. Je höherpreisiger, desto mehr. LVMH etwa, die Mutter von Louis Vuitton, Fendi oder Hennessy, setzt bewusst vor allem auf die Warenpräsentation im Web – aber zum Verkauf auf erste Lagen in den Metropolen. 

Und auf die noble Einkaufstasche, die mich als Kunden mit sichtbarem Status adelt.

Ja, das ist eben ein Erlebnis, das Markenhersteller so nur in der realen Welt bieten können. Ein ansprechendes und attraktives Ambiente, wo sie unter vielen Menschen flanieren, wertet das dann noch weiter auf. Wer ein umfassendes Einkaufserlebnis selbst kreiert wie etwa die Malls des Hamburger ECE-Konzerns der Familie Otto, kann sich darum ebenfalls gut behaupten. 

Aber die Mall-Betreiber kämpfen auch, etwa mit dem Niedergang von Schuh- oder Bücherketten als Mieter.

Die Betreiber der Zentren können aber ihre Immobilie mit Mietern aus neuen Branchen weiterentwickeln – Apple-Stores beispielsweise. Es stimmt aber, dass Anbieter gerade aus dem mittelpreisigen Segment im stationären Handel unter großem Druck stehen. Wer keine besondere Ware oder exklusive Einkaufserlebnisse bieten kann, wird sich gegenüber dem E-Commerce sehr schwertun. Nicht umsonst hat Amazon ja einmal als Buchhändler angefangen. Das hat Buchketten wie Weltbild oder Zweitausendeins vom Markt gefegt. 

Was also tun, um in der City der Zukunft und im Web erfolgreich zu sein?

Wer Cafés, Pop-up-Stores, Ausstellungen oder Fashion-Shows in seine Läden integriert – und dazu mit Kundenkarten und Online-Aktionen einen integrierten Omni-Channel auf allen Plattformen schafft –, der kann auch in der City der Zukunft seinen Platz behaupten. Social Commerce integriert dann nahtlos alle Online- und Offline-Kanäle, bereichert bei solchen Anbietern das Kauf­erlebnis und lockt auch zum realen Verkaufsplatz.

Es geht aber offenbar auch ganz ohne E-Commerce – erstaunlich, dass Billigketten wie TK Maxx oder 1-Euro-Shops sich halten.

Das ist nur auf den ersten Blick erstaunlich, denn mit ihren Billig- oder Schnäppchenjäger-Versprechen bieten sie spontanen Impulskäufern einen attraktiven Anreiz, der den Stadtbummel bereichert. 

Im E-Commerce rollt ja auch gerade so eine Preisbrecher-Welle an – mit Temu oder Shein. Diese Handelsplattformen aus China sind seit Monaten die meistgeladenen Apps in den USA und Europa und verkaufen sehr aggressiv mit Niedrigstpreisen, enger Vernetzung zu TikTok und Dauerverfolgung potenzieller Kunden auf allen Kanälen. 

Es gibt da eben kulturelle Unterschiede bei der Kundenansprache. Und manche Kunden akzeptieren die auch erst mal. Empirische Untersuchungen belegen: Wer nicht viel Geld hat, kauft häufiger vermeintlich Billiges – und toleriert dafür die weitgehende Datenfreigabe an Dritte. Ich habe übrigens auch schon etwas bei Temu gekauft: Christbaumschmuck. Lang gehalten hat der allerdings leider nicht, und so wird es vielen gehen, die bei dieser Form des E-Commerce kaufen. Das zeigen frühere Erfahrungen.

Welche?

Alibaba hat vor einigen Jahren ähnlich aggressiv agiert. Doch die Vertriebswege sind oft zu lang, die Qualität ist schwankend, die Rückgabe kompliziert – und nachhaltig sind diese Turbo-Billigverkäufe sowieso nicht. Solche Konzepte sind Strohfeuer. Am Ende setzt sich beim qualitätsorientierten Kunden durch, was schon meine Großmutter sagte: „Wir sind nicht reich genug, um billig zu kaufen.“

Also lieber die Fissler-Pfanne, die Stihl-Säge oder Ecco-Schuhe kaufen, die seit Jahrzehnten Langzeitqualität versprechen?

Die sind auch in China schon sehr beliebt; und diese Anbieter klassischer westlicher Markenartikel könnten vom Trend auch im Online-Verkauf profitieren. Bei Ecco etwa sieht man ja auch, dass diese Schuhmarke es geschafft hat, sich höher zu positionieren und zugleich mit eigenen Shops und im E-Commerce präsent zu sein. Gute Marken sind eben im Omni-Channel präsent und bieten damit ein nahtloses Kauferlebnis über das gesamte Shoppingerlebnis eines Kunden.

Zur Person

Richard C. Geibel ist Leiter des wissenschaftlichen E-Commerce Institutes in Köln, einem Think-Tank und zugleich Forschungs- und Ausbildungsstätte dieses Shoppingbereiches. Der Professor für Betriebswirtschaftslehre (Foto: eCommerce-Institut) und wissenschaftliches Arbeiten an der „International University (IU)“ arbeitet am Kölner Standort der IU. Seine Forschungsschwerpunkte sind digitale Transformation, Social Commerce und digitales Unternehmertum.

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