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24.01.2022

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4 Min.

Im Land der kleinen Sprünge

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Sprunginnovationen wie Buchdruck, Antibiotika, das Internet oder auch mRNA-Impfstoffe können für exponentielles Wachstum der Wirtschaft sorgen. In Deutschland sind sie allerdings trotz der eigens dafür eingerichteten Bundesagentur Sprin-D noch zu selten. Läuft hier etwas falsch? Die Bertelsmann Stiftung hat jetzt dazu eine Studie veröffentlicht.

Investoren zeichnen sich durch eine klare Meinung aus – und die vertritt auch Nechemia Peres. Der israelische Investor, Sohn des Ex-Staatspräsidenten Shimon Peres und jüngster Träger des Reinhard Mohn-Preises für Innovation der Bertelsmann Stiftung, investiert weltweit in innovative Unternehmen. In Deutschland stößt er auf eine Hürde: „Viele Unternehmen“, sagt er, „sind sehr strukturiert und gut geführt. Manchmal ist es aber ein Hindernis, gut und fortgeschritten in dem zu sein, was man tut: Denn es gibt dadurch keine Notwendigkeit, Risiken einzugehen und den Status quo zu ändern.“

In Deutschland sind Unternehmen gut geführt - das ist aber manchmal ein Hindernis.

Nechemia Peres, Israelischer Investor

Tatsächlich hat Deutschland ein Problem beim Thema Sprunginnovationen, also Neuerungen, die einen völlig anderen Lösungsweg beschreiten und drastische Veränderungen mit sich bringen. Beispiel Handel: Der größte Versandhändler aus Deutschland, die Otto Group, die im Gründungsjahr der Bundesrepublik 1949 entstanden und in 20 Ländern unterwegs ist, macht rund 14 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Der US-Online-Marktplatz Amazon, gerade einmal 25 Jahre alt, kommt beim Umsatz etwa auf das 25fache. Der chinesische Konkurrent Alibaba immerhin auf rund das Achtfache. Oder in der Kommunikation: Meta, das ehemalige Facebook, liegt bei knapp 90 Milliarden Dollar Umsatz. Einen vergleichbaren Anbieter aus Deutschland gibt es nicht mehr. Auch den Hard- und Software-Herstellern von Apple oder Google haben Deutschland und Europa nichts entgegenzusetzen.

Einzig im Pharmabereich kann ein deutsches Unternehmen punkten: Bei Biontech haben sich kluge Investoren mit hartnäckigen Forschern verbündet und mit ihrem Corona-Impfstoff das richtige Produkt rechtzeitig auf den Markt gebracht. Die dahinterstehende mRNA-Technologie ist eine echte Sprunginnovation. „In anderen Indikationen wie der Krebsforschung muss sich die Technologie zwar noch beweisen, es gibt aber vielversprechende Ansätze“, sagt Jennifer Jürgens, Fondsmanagerin des DekaLux-PharmaTech und Pharmaexpertin. Das Fondsmanagement der Deka investiert in Impfstoffhersteller, allerdings mit reduziertem Risiko, weil nicht nur einzelne Hersteller, sondern die Branche samt Ausrüster zum Investitionsziel werden.

Innovationen werden nicht aktiv getrieben

Die Bertelsmann Stiftung hat dem deutschen Problem bei der Sprunginnovation ein mehrjähriges Forschungsprojekt gewidmet, dessen Ergebnisse jetzt vorliegen. „Einer relativ kleinen Speerspitze von innovativen Unternehmen steht hierzulande eine Mehrzahl von innovationsfernen Firmen gegenüber“, schreiben die Studienautoren um Daniel Schraad-Tischler, Direktor der Bertelsmann-Stiftung und zuständig fürs Programm Nachhaltig Wirtschaften. Rund ein Viertel der deutschen Unternehmen seien echte Technologieführer, darunter noch immer die Maschinenbauer. Doch in rund der Hälfte der hiesigen Firmen werden Innovationen nicht aktiv vorangetrieben. Hier fehlten vor allem Risikobereitschaft und eine Innovationskultur, die ermutigt, neue Wege zu gehen. Grundlage für diese Einschätzung ist eine Untersuchung bei mehr als 1000 Unternehmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienste.

Die Wirtschafts- und Technologieentwicklung ist nach Ansicht der Studienautoren vor allem durch eine starke „Pfadabhängigkeit“ gekennzeichnet. Branchen wie die Automobilindustrie seien stark in klassischen Produktfeldern und schrittweisen Verbesserungen. „Radikal neue Pfade und neue dynamische Märkte werden nicht geschaffen.“ Senta Graf, Deka-Expertin für die Automobilbranche, sieht das etwas anders: „Ich warne generell davor, nur auf eine gute Idee zu setzen“, sagt sie. Es sei nachvollziehbar, in Unternehmen in der Anfangsphase zu investieren, die noch keinen Gewinn machten. „Problematischer ist dagegen der Trend, in Unternehmen zu investieren, die keinen Umsatz haben, also noch nicht einmal ein einziges Produkt verkauft haben, denn bei denen gibt es keinen Beweis, dass das Produkt vom Markt akzeptiert wird.“ Ganz riskant, fügt sie hinzu, seien Investments in Unternehmen, die noch nicht einmal ein Produkt vorweisen können. „Letztlich müssen wir immer die Wahrscheinlichkeit bewerten, ob es möglich ist, mit der Idee in die Rentabilität zu wachsen.“ Auch Graf stimmt allerdings zu: Echte Wagniskapitalgeber seien in Europa Mangelware. „Da gibt es in den USA einfach mehr.“

Förderung von Sprunginnovationen

Die US-amerikanische „Defense Advanced Research Projects Agency“ (DARPA) fördert so seit den 1950er Jahren technologische Sprunginnovationen, und hat sich beispielsweise bei der Entwicklung des Internets und der GPS-Technologie hervorgetan.  In Israel, einem der forschungsintensivsten Länder weltweit, wird die Innovationspolitik maßgeblich durch die „Israel Innovation Authority“ (IIA) gesteuert, die überwiegend Akteure des Privatsektors fördert. Japan hat ein Programm aufgelegt, das sich „Impulsgebender Paradigmenwechsel durch disruptive Technologien“ (ImPACT) nennt. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es auch risikoreiche Forschungs- und Entwicklungsprojekte vorantreibt.

Ganz oben steht die Gesundheit

In Deutschland gibt es die Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprin-D). Dabei handelt es sich um eine 2019 vom Bundesforschungsministerium ins Leben gerufene Agentur in Leipzig, die über zehn Jahre mit einem Budget von etwa einer Milliarde Euro vielversprechende Innovationen aus allen Themenfeldern unterstützt. Kriterium für geförderte Innovationen ist, dass sie „das Leben nachhaltig zum Besseren verändern“. Darüber hinaus wird eine Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) geschaffen. Mit ihr sollen Innovationen aus Hochschulen und Forschungsorganisationen schneller zu Geschäftsideen werden.

Die Bertelsmann-Autoren machen weitere Vorschläge: längere Projektförderung als nur drei Jahre, Kooperationen mit Start-ups. Die Forscher stellen fest, dass einschneidende Innovationen wie Buchungsportale, die Sharing Economy oder auch dezentrale Energieprojekte außerhalb der Wissenschaft und auch nicht von dafür prädestinierten Unternehmen entwickelt worden sind.

Noch blickt Investor Peres jedenfalls nicht zuerst auf Deutschland, wenn er nach lohnenden Innovationen fahndet. Das nächste heiße Ding? Vielleicht Quantencomputing. „Es ermöglicht uns, zuvor unlösbare Probleme zu bewältigen.“ Der erste brauchbare Quantencomputer in Deutschland steht bei Stuttgart und ging vergangenen Sommer ans Netz. Hersteller und Betreiber ist der US-IT-Titan IBM. 

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