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Japan ist einen Einkauf wert
Das Land der aufgehenden Sonne wird auch für Anlegerinnen und Anleger hierzulande wieder interessanter. Denn neuer Schwung für viele Unternehmen, eine über die Jahre wieder gewachsene Kraft an den Börsen und ein anziehender Konsum zeigen, dass Japan sich nach Jahrzehnten aus dem tiefen Tal der Konjunkturflaute befreit hat. fondsmagazin analysiert die Hintergründe.
Auf der Ginza herrscht wieder Kauflaune. Tokios Einkaufsdistrikt brummt vor Menschen an diesem Abend mitten in der Woche. Tausende Menschen stöbern in den Geschäften nach Schnäppchen von Edelmarken und Unterhaltungselektronik, sitzen in den Restaurants oder besuchen die Kinopaläste der japanischen Hauptstadt. Trotz der jüngsten Turbulenzen an der Leitbörse des Landes regiert sichtlich die positive Grundstimmung.
Das ist neu. Denn viele Jahre lang waren die Japanerinnen und Japaner eher zurückhaltend beim Shoppen und Schlemmen. Die Löhne stiegen kaum, der Kurs des Leitindex Nikkei verharrte im Tal weit unter 30.000 Punkten, die Wirtschaft schwächelte. Da war Vorsicht angesagt. Doch seit einigen Monaten geht es wieder aufwärts im Reich der aufgehenden Sonne. In den Brieftaschen der Menschen - und auch in den Bilanzen der Unternehmen. Und das macht börsennotierte Firmen aus Nippon auch als Geldanlage wieder interessant. Man muss sie nur kennen.
Denn Unternehmen wie Intel, Linde, Alcoa oder BASF sind den meisten Anlegerinnen und Anlegern ein Begriff. Die Konzerne aus den Bereichen Halbleiter, Industriegase, Aluminium und Chemie finden sich auch hierzulande oft in Wertpapierdepots. Ganz anders beispielsweise Resonac. Der Konzern mit einem Umsatz von fast acht Milliarden Euro ist meist nur in Japan bekannt – obwohl das Unternehmen mit Erfolg viele genau der Produkte herstellt, die auch die obigen weltbekannten Unternehmen herstellen. Und erst vor wenigen Tagen kündigte Firmenchef Hidehito Takahashi an, rund 100 Millionen Euro in eine neue Fabrik zur Produktion von Hochleistungschips für KI-Anwendungen zu investieren.
Ähnlich unbekannt sind Unternehmen wie Hoya, Ibiden oder CyberAgent, die in den Zukunftsfeldern Akustik, Optik oder webbasierte Dienstleistungen für verschiedene Schlüsselindustrien über herausragende Kompetenzen verfügen. Diese Unternehmen sind Treiber der digitalen Vernetzung und Elektrifizierung – und alle „Made in Japan“. Aber auch die meisten ihrer Kunden kommen aus Japan oder den angrenzenden asiatischen Ländern. Und das mag einer der Gründe sein, warum sie kaum im globalen Rampenlicht stehen. Patrick Schwahn, Fondsmanager bei der Deka und Experte für den japanischen Markt, kennt diese Unternehmen dennoch sehr gut. Für den DekaLux-Japan hat er gerade in deren Aktien investiert: „Wer sich intensiv mit dem japanischen Markt beschäftigt, findet gerade jetzt viele interessante Titel. Die Unternehmenslandschaft hat sich positiv verändert.“
Die neue Lust am Konsum
Unternehmen wie Ibiden oder Hoya, aber auch die positive Entwicklung bei Absatz, Gewinn und Aktienkursen bekannter Marken wie des Maschinenbauers Fanuc oder Sony, stehen für einen Aufschwung, auf den die Anlegerinnen und Anleger am japanischen Markt lange warten mussten. Erstmals seit 29. Dezember 1989 erreichte der Nikkei neue Rekordstände und übersprang zwischenzeitlich sogar die Marke von 40.000 Punkten. Im vergangenen Jahr übertraf der japanische Aktienmarkt mit einem beeindruckenden Anstieg des Leitindex Nikkei 225 von über 27 Prozent sogar den deutschen und amerikanischen. Und auch in diesem Jahr läuft das Börsenbarometer trotz zwischenzeitlicher Korrekturen noch im Gleichschritt mit anderen großen Leitindizes.
Mehr Transparenz in der Unternehmenspolitik, mehr Shareholder-Value, neue Regelwerke an den Börsenplätzen, eine aktivere Notenbankpolitik und staatliche Förderungen: Grundlegende und nachhaltige Veränderungen wie diese haben in Japan zu diesem Aufschwung beigetragen. Nach drei Jahrzehnten Deflation erlebt Japan erstmals wieder einen leichten Preisanstieg – und auch die Löhne steigen wieder. Die fernöstlichen Sparweltmeister geben deshalb mehr aus, statt wie jahrelang üblich einfach abzuwarten, bis alles ohnehin billiger wird, so Schwahn.
Auch die Tokioter Börse hat nach langem Widerstand aus der Wirtschaft Reformen eingeleitet: Unternehmen erhielten Vorgaben zur Verbesserung der Profitabilität, der langfristigen Rendite sowie der Bewertung und setzten diese um. Auch viele kursbelastende Überkreuzbeteiligungen, die nicht nur Experte Schwahn an die Zeiten der „Deutschland AG“ erinnern, sind auf nachhaltigen Druck von Börsen und Regierung inzwischen aufgelöst. Unternehmen, die unter ihrem Buchwert notierten, wurden aufgefordert, einen Sanierungsplan vorzulegen und entweder die Dividende zu erhöhen oder eigene Aktien zurückzukaufen. Die Automobilgiganten Toyota und Honda haben bereits mit Aktienrückkaufprogrammen reagiert.
Global betrachtet profitiert Japan als traditionelle Exportnation vermehrt von den engen Handelsverflechtungen mit den wachsenden asiatischen Schwellenländern. Resonac beispielsweise erwirtschaftet rund ein Fünftel seines Umsatzes im Handel mit Südkorea, Taiwan oder China. Hinzu kommt ein wachsendes Interesse von Unternehmen aus Industrieländern an Geschäftsbeziehungen mit japanischen Firmen. Denn angesichts der politischen Spannungen suchen sie verstärkt nach Alternativen zur Abhängigkeit von China. Davon profitieren japanische Unternehmen wie der Roboterkonzern Mitsubishi Electric oder der Halbleiterproduzent Panasonic.
Nippon hat sich neu positioniert
Alles in allem hat sich die japanische Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten notgedrungen neu positioniert: Im Land mit der ältesten Bevölkerung der Welt und extrem geringer Zuwanderung zwingt der chronische und zunehmende Arbeitskräftemangel zu anhaltenden und konsequenten Produktivitätssteigerungen durch Automatisierung und Robotik. Führende Unternehmen in diesen Bereichen sind daher längst in Japan angesiedelt, so Heiwa Hasegawa von der Deutsch-Japanischen Industrie- und Handelskammer. Traditionell stark sind die Japaner auch bei Innovationen und Kosteneffizienz. So liegt das Land bei der Zahl der Patente hinter den USA und Deutschland auf Platz drei – und Fabrikorganisationen nach japanischem Vorbild wie Kanban, Total Quality oder Kaizen haben weltweit Vorbildcharakter, wie der Mainzer Experte Professor René Haak betont.
Zudem profitieren japanische Unternehmen von der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Notenbank nahe der Nulllinie und der Schwäche des japanischen Yen. Allein im vergangenen Jahr hat der US-Dollar gegenüber dem Yen um rund acht Prozent zugelegt. Das verschafft stark exportorientierten Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil. Sie können ihre Waren im Welthandel günstiger anbieten und so ihre Exporte steigern.
Nissan, Honda und Toyota haben ihre Gewinnprognosen für 2024 bereits angehoben: Nissan um 13 Prozent, Honda um 20 Prozent und Toyota sogar um 50 Prozent. Gut auch für deren Zulieferer, die ebenfalls überdurchschnittlich oft aus Japan kommen. Denn diese Firmen können durch die globale Nachfrage die sinkende Absatzzahlen in China deutlich überkompensieren.
Staatliche Subventionen könnten die Konjunktur weiter stützen, vor allem in Schlüsselbranchen wie der Chipindustrie. Die japanische Regierung kündigte schon eine Finanzspritze von rund zwölf Milliarden Euro zur Förderung der heimischen Chipindustrie an. Ministerpräsident Fumio Kishida hat das Geld eigens in einem Sonderhaushalt eingeplant. Und Bürgern, die über spezielle Wertpapierkonten mit Aktien für das Alter sparen, gewährt die Regierung hohe Steuerfreibeträge.
Japan bietet Einstiegskurse
Neben diesem Zuckerbrot gibt es für die Wirtschaft aber auch die Peitsche der Politik: So hat die Regierung kürzlich die Corporate-Governance-Vorschriften verschärft, um die Bewertung der Unternehmen zu erhöhen; etwa durch erhöhte Offenlegungsverpflichtungen bei Nachhaltigkeit oder Gewinnverwendung. Und alle heimischen Unternehmen sind gezwungen, ihre Aktionärsrenditen zu verbessern, etwa durch höhere Gewinnausschüttungen. Die Dividenden der Nikkei-Unternehmen sind daher im vergangenen Jahr auf ein Rekordniveau gestiegen. „Zusammen mit den guten wirtschaftlichen Wachstumsaussichten durch die anziehende Weltkonjunktur und den immer noch vergleichsweise niedrigen Bewertungen macht dies japanische Unternehmen grundsätzlich attraktiver für globales Kapital“, so Schwahn.
Japan hat sich als Land positioniert, das nicht nur politische und wirtschaftliche Stabilität bietet, sondern auch nachhaltig Innovation und Wachstum vorantreibt. Das spiegeln inzwischen auch die Börsenkurse wider. Immer mehr Investoren suchen deshalb gezielt nach den besten Unternehmen auf den Inseln. Die Welt hat Japan wiederentdeckt.
Foto: picture alliance dpa Jiji Press
Investieren in Japan
„Japan wird als Beimischung im Portfolio für breit und langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger noch interessanter“, sagt Patrick Schwahn. Der Japan-Experte managt den DekaLux-Japan seit seiner Auflegung im Jahr 1993 und sucht gezielt nach Unternehmen mit besonderem Potenzial. Eine Alternative ohne Expertenauswahl sind Investments, die der Entwicklung eines Index folgen: Der Deka MSCI Japan UCITS ETF bildet die Wertentwicklung des MSCI Japan Price Index ab, der Deka MSCI Japan Climate Change ESG UCITS ETF setzt zusätzlich auf Nachhaltigkeitskriterien. Trotz aller Chancen unterliegen alle diese Anlagen auch den Wertschwankungen der Märkte; Kursverluste können daher nicht ausgeschlossen werden – und in der Vergangenheit erzielte Kursgewinne sind keine Garantie für eine weiterhin positive Wertentwicklung.
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