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16.09.2021

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6 Min.

Stühlerücken im Leitindex

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Die größte Reform in seiner gut 33-jährigen Geschichte hat dem Dax ein neues Aussehen verpasst. Seit kurzem tummeln sich 40 Konzerne in der höchsten deutschen Börsenliga. Viele Experten hatten im Vorfeld über die zehn neuen Dax-Mitglieder spekuliert. Etwas überraschend stieg dabei der Chemikalienhändler Brenntag anstatt des Ex-Dax-Mitglieds Beiersdorf auf. Auch wenn sich für die Aktienfonds der Deka erst einmal kaum etwas ändert: Langfristig bietet die Neuordnung Anlegerinnen und Anlegern zusätzliche Perspektiven.

Seit dem 20. September können sie sich als Dax-Konzern bezeichnen: Airbus, Zalando, Siemens Healthineers, Symrise, HelloFresh, Sartorius, Porsche Automobil Holding, Brenntag, Puma und Qiagen. Zusammen werden die zehn neuen Titel im Dax auf ein Indexgewicht von etwa 14 Prozent kommen. Mit dieser Aufstockung rückt der Dax nun näher an das ersehnte internationale Format. So umfasst der französische CAC ebenfalls 40 Titel, der britische FTSE 100 und der japanische Nikkei sogar 225 Aktien. „Es gibt zwar keinen Idealwert, was die Zahl der Titel betrifft“, sagt Christoph Kaserer, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität München. „Aber, wenn man sich umschaut, fällt auf, dass der Dax bisher zu den kleinsten unter den wichtigen Leitindizes gehörte.“

Mit der Reform steigt aber nicht nur die Marktkapitalisierung. Der erweiterte Dax wird vor allem besser sortiert sein. Chemie, Auto, fossile Energien und Finanzkonzerne – bislang versammelt der Dax hauptsächlich Traditionsbranchen. „Im Vergleich zu anderen Blue-Chip-Indizes ist er dadurch relativ konjunkturabhängig“, sagt Wolfgang Ewig, Fondsmanager des DekaFonds. „Die Reform macht ihn nun insofern attraktiver, als die dazukommenden Titel ein höheres durchschnittliches und eher strukturelles statt konjunkturgetriebenes Gewinnwachstum aufweisen, wodurch der DAX etwas weniger zyklisch wird.“

Anlass der Reform des Aushängeschilds des Finanzplatzes Frankfurt ist allerdings der Wirecard-Skandal. Die starren Indexregeln beim deutschen Börsenbarometer waren in die Kritik geraten, weil sie ein schnelles Aussortieren des Zahlungsdienstleisters verhinderten – selbst als klar war, dass erhebliche Bilanzmanipulationen im Spiel waren. Mit der aktuellen Neugestaltung will die Deutsche Börse das angekratzte Image des Leitindex und seiner beiden Geschwister MDax und SDax aufpolieren.

ZAHLREICHE AUFSTEIGER IN DER DAX-FAMILIE

Mit den Konzernen Airbus, Puma oder Porsche verspricht sich die erste Börsenliga neuen Schwung auf dem Börsenparkett. Gleichzeitig macht die zweite Reihe unter den deutschen Indizes eine Schlankheitskur, indem der MDax von 60 auf 50 schrumpft. Damit büßt dieser Indizes mit einem Schlag gut 40 Prozent seines Börsenwertes ein. Neu im Mid-Cap-DAX aufgenommen werden allerdings der Funkmastenbetreiber Vantage Towers, der Maschinenbaukonzern Jungheinrich, das Recyclingunternehmen Befesa, der Finanzdienstleister Hypoport und der Online-Tiernahrungshändler Zooplus. Absteigen müssen dafür Hochtief, Morphosys, Encavis, Shop-Apotheke und Nordex. Die Zahl der SDax-Aktien bleibt unverändert bei 70 Unternehmen.

Mit der Aufstockung des wichtigsten deutschen Börsen-Indizes, treten noch weitere Regelungen in Kraft. So entscheidet zukünftig allein die Marktkapitalisierung über die Zugehörigkeit zur Dax-Familie. Außerdem wird die Börse die Zusammensetzung des Leitindex nicht mehr nur im September, sondern jedes Jahr auch im März überprüfen. Und schließlich muss jeder Aspirant zwei Jahre lang Gewinne geschrieben haben, um Chancen zu haben, in den Dax aufgenommen zu werden.

AUSSCHLUSS NACH KURZER WARNFRIST

Ewig begrüßt die Reform: „Dass alle Mitglieder in den Dax-Auswahlindizes verpflichtet werden, ihre testierten Jahresabschlüsse und Quartalsberichte innerhalb der recht straffen Frist von 90 Tagen vorzulegen, ist positiv zu werten.“ Unternehmen, die gegen diese Regel verstoßen, werden nach einer 30-tägigen Warnfrist unmittelbar aus dem jeweiligen Index geworfen.

Bereits frühzeitig waren sich die Börsenexperten nahezu sicher, dass die Airbus-Aktie einen der begehrten Plätze bekommt. Denn die Marktkapitalisierung des paneuropäischen Flugzeugbauers ist schon seit geraumer Zeit größer als die vieler heutiger Dax-Mitglieder. Der Konzern mit Sitz in den Niederlanden profitierte nun von den neuen Regeln. Mit dem Aufstieg kommt Airbus so wie alle anderen Neulinge bei vielen Großinvestoren auf das Radar. Die meisten von ihnen dürfen ihre Gelder nur in Aktien aus dem Leitindex investieren. Was auch aus fundamentaler Sicht für den Flugzeugbauer spricht: Mit dem Abflauen der Coronapandemie wird voraussichtlich das Geschäft in der Luftfahrtbranche wieder anziehen.

Recht behalten haben die Experten ebenfalls mit DAX-Neulingen wie dem Online-Modehändler Zalando und dem Duft- und Aromahersteller Symrise. Mit dem E-Commerce-Konzern Zalando kommt nach Delivery Hero ein weiterer Vertreter der New Economy in den Dax. Symrise gilt als Haus- und Hoflieferant zahlreicher Konsum- und Nahrungsmittelhersteller wie etwa Nestlé und Unilever. Das niedersächsische Unternehmen profitiert davon, dass vor allem hochwertige Markenprodukte heutzutage mit gutem Geschmack oder passendem Geruch punkten müssen.

BEIERSDORF VERPASST WIEDERAUFSTIEG

Neben diesen beiden Konzernen sind der Lieferdienst Hellofresh, der Medizintechnikproduzent Siemens Healthineers, der Laborausrüster Sartorius, die Biotech-Firma Qiagen und der Chemikalienhändler Brenntag zukünftig in der höchsten Börsenliga zu Hause. Überraschend hat es Ex-Dax-Mitglied Beiersdorf, Hersteller von Nivea, nicht in den neuen DAX 40 geschafft. „Den Platz im neu formierten DAX hat Beiersdorf wahrscheinlich die Tatsache gekostet, dass in den letzten Jahren zu wenig in den Ausbau von Marken beziehungsweise neuen Produkten investiert und gleichzeitig die E-Commerce-Aktivitäten im Vergleich zu den Konkurrenten zu wenig forciert wurde, was jetzt beides zu einem Nachholbedarf bei den Investitionen führt“, verdeutlicht Wolfgang Ewig.

Doch was ändert sich nun für Anlegerinnen und Anleger? Im ersten Moment nichts. Nur die Gewichte im Indexkorb verteilen sich anders. Darauf allerdings werden passive Indexfonds und Investierende, die sich eng am Dax orientieren, reagieren müssen. Weil das relative Gewicht der bisherigen 30 Index­unternehmen sinkt, sind sie gezwungen, deren Aktien zu verkaufen. Im Gegenzug landen die zehn Neulinge in vielen Portfolios.

„Aus diesen Tauschtransaktionen ergeben sich wahrscheinlich kurzfristig getriebene Kurseffekte bei den Aufrückern. Aber für uns besteht kein organisatorischer Handlungsbedarf“, stellt Fondsmanager Ewig fest. „Entscheidend für unsere Anlageentscheidungen sind fundamentale Kriterien wie ein nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell und attraktive Gewinnaussichten – und an diesen Faktoren ändert sich durch die organisatorische Neuausrichtung des Dax nichts. Die zehn Titel, die jetzt in den Dax aufrücken werden, waren schon vorher in unserem Universum an möglichen Aktieninvestments enthalten.“

Allerdings wird der Aktienkosmos insgesamt durch die Umstellung etwas wachstumsträchtiger und gleichzeitig weniger schwankungsanfällig. Positiv wertet er auch, dass das tägliche Handelsvolumen bei den Dax-Neulingen steigen wird. Das macht es für Ewig, der weit über fünf Milliarden Euro im Flaggschiff-Produkt der Deka verwaltet, einfacher, auch größere Positionen in einzelnen Aktien auf- oder wieder abzubauen.

Der Dax ist für ihn nach wie vor ein wichtiger Orientierungsmaßstab und die Dax-Familie sein Heimspielfeld. „Aber wir sind nicht ausschließlich an den HDax, der die Werte des Dax, MDax und TecDax einschließt und damit die 110 größten Werte des ­Prime-Standards zusammenfasst, gebunden. Wir können auch in Werte abseits dieses Universums investieren. So werden unter anderem auch Investments in aussichtsreiche kleinere Unternehmen oder in Neuemissionen vorgenommen, die noch nicht in Indizes aufgenommen sind“, hebt Ewig hervor.


STÄRKERES ABBILD DES MITTELSTANDS

Gute Seiten gewinnt auch Markus Turnwald, Fondsmanager des Deka-Deutschland Nebenwerte, der Dax-Reform ab. „Für unseren Stock-Picking-Ansatz ist es unerheblich, in welchem Index eine Aktie, die wir für interessant halten, notiert. Gleichwohl sorgt die Reform für mehr Konsistenz. Denn mit dem Aufstieg der zehn größten Werte in den Dax werden MDax und SDax wieder mehr ein Abbild des deutschen Mittelstands sein“, so Turnwald. Er und sein Team suchen für den Deka-Deutschland Nebenwerte nach kleinen Unternehmen, um sie auf dem Weg nach oben zu begleiten. „Bis sie im Idealfall den Sprung in den Dax schaffen. Ähnlich wie ein Scout im Fußball, der in einer nunmehr soliden zweiten und dritten Liga Talente sucht, die das Zeug zur Bundesliga oder Champions League haben.“

Interview: Christoph Kaserer, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität München mit Spezialgebiet Kapitalmärkte, zur Aufstockung des Dax.

Herr Kaserer, wie blicken Sie als Kapitalmarktwissenschaftler auf die Dax-Reform?

Kaserer: Ich finde, es ist höchste Zeit dafür. Denn damit steigt die Marktkapitalisierung, die der Index nun in Relation zum Gesamtmarkt abbildet, deutlich an. Es gibt sicherlich keinen Idealwert, was die Zahl der Titel betrifft. Aber wenn man sich in Europa umschaut, fällt auf, dass der Dax dass der Dax zu den kleinsten unter den wichtigen Leitindizes gehört. Entscheidend dabei ist, dass Fonds immer größere Kapitalvolumina bewegen, die sie ausschließlich in einem Leitindex investieren. Damit besteht die Gefahr, dass ein im Vergleich zum Gesamtmarkt zu schmaler Index dauerhaft zu Fehlallokationen führt.

Es gab immer wieder Kritik, dass auch zu viele zyklische, also konjunkturabhängige Branchen im Dax zu finden sind?

Das ist grundsätzlich richtig, resultiert aber weniger aus den Indexregeln, die unter anderem auf die Marktkapitalisierung ausgerichtet waren. Vielmehr spiegelt der Auswahlindex die schlechte Diversifizierung in der Spitze unserer Volkswirtschaft wider. Daher ist es umso mehr zu begrüßen, dass der Index jetzt breiter aufgestellt wird. Zudem ist es fraglich, ob es vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Binnenmarkts zeitgemäß ist, wenn ein Unternehmen wie Airbus im MDax notiert, obwohl es in puncto Marktkapitalisierung in den Dax gehört.

Wird durch die neuen Regeln ein neuer Fall wie Wirecard verhindert?

Sicherlich nicht. Wirecard hätte auch nach den neuen Regeln den Aufstieg geschafft. Letztlich hat hier kriminelle Energie eine Rolle gespielt. Allerdings muss man sich schon fragen, warum die Börse nicht schon früher darauf gekommen ist, von den Indexmitgliedern stärkere Corporate-Governance-Regeln einzufordern wie etwa einen unabhängigen Prüfungsausschuss im Aufsichtsrat.

Besteht die Gefahr, dass die Fluktuation im Index steigt, wenn er ab Herbst 40 Mitglieder hat und die Zusammensetzung zwei Mal pro Jahr überprüft wird?

Dass die Fluktuation steigt, ist durchaus möglich. Aber das ist bei anderen Indizes auch der Fall und wenn es klare Regeln gibt, kann sich jeder Investor darauf einstellen.

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