Holzhybrid – Bauweise der Zukunft?

Ein Drittel der klimaschädlichen Emissionen weltweit entfallen auf die Bauwirtschaft. Dieser Fakt erzeugt Veränderungsdruck und spornt die Immobilienbranche an CO2 einzusparen. Holzhybrid steht in dem Ruf bei der Gebäudeerstellung weniger klimaschädliche Emissionen zu erzeugen als konventionelle Massivbauweise. Denn in der Holzhybridbauweise kommt ein Materialmix zum Einsatz, bei dem in konstruktiven Bauteilen meist Holz mit Beton bzw. Stahlbeton kombiniert wird. Wir haben Fakten rund um die Holzhybridbauweise zusammengetragen.


Seit Jahrtausenden bauen Menschen mit Holz. Gerade im Mehrgeschoss- oder Hochhausbau aber spielte der Baustoff Holz über das letzte Jahrhundert hinweg kaum eine Rolle, schon gar nicht in Büro- und Verwaltungsgebäuden. In dieser Gebäudeklasse ist Holz als überwiegendes Material bislang eher selten verbaut. 

Der wichtigste Grundstoff nahezu aller Neubauprojekte ist Beton. Für dessen Herstellung werden weltweit über 4,6 Milliarden Tonnen Zement im Jahr produziert. Dazu werden große Mengen Energie benötigt, wodurch jährlich rund 2,8 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen. Beton ist dennoch günstig, enorm stabil und haltbar, einfach und schnell zu verbauen – der Baustoff galt in den vergangenen 80 Jahren nahezu als alternativlos.

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Die Abbildung zeigt den Aufbau einer Holzhybridkonstruktion: Bodenplatte und Kern in Stahlbeton, Holzstützen und Holzbalken, Fassadenelemente in Holzkonstruktion, Holzhybriddeckenelemente aus einer Stahlbetondecke in reduzierter Stärke und Holzbalken



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Quelle: Berechnung aus Daten des Statistischen Bundesamts 2018


Doch die gesetzlichen Auflagen für mehr Klimaschutz in der Immobilienwirtschaft steigen: Es gibt reges Interesse an der Holzhybrid-Bauweise und politischen Rückenwind für nachhaltige Bauprojekte. Holzhybrid-Bauweise vereint die Stärken von Holz und Beton und ist in der Immobilienwirtschaft zunehmend als „CO2-Senker“ begehrt. Seit einiger Zeit wird die Bauweise auch bei großen Bauten und Hochhäusern genutzt. Bekannte Beispiele sind das HoHo in Wien, das Mjøstårnet in Brumunddal, das EDGE Suedkreuz Berlin oder das Skaio in Heilbronn.



Eigenschaften von Beton, Stahlbeton und Holz

  • Beton:
    Künstlich hergestellt aus Sand / Kies und chemischen Additiven, kostet in der Herstellung CO2, dies verursacht in der Herstellung große Mengen CO2, ca. 20% der ursprünglichen CO2-Emissionen werden im Laufe der Lebensdauer des Bauwerks über die Karbonatisierung aus der Atmosphäre gebunden.
  • Stahlbeton: 
    Herstellung wie Beton, aber mit Stahlarmierung, belastbar auf Druck und Zug, sehr Ressourcen- und energieintensiv in der Herstellung.
  • Holz: 
    Natürlicher Baustoff, bindet CO2, auf Druck und Biegung belastbar, Verbundbauweise in der Praxis eingesetzt, womit der Anteil an Beton und Stahl reduziert und nachwachsende Rohstoffe verstärkt verwendet werden können.


Faszination Holz

Holz ist ein faszinierender Baustoff. Es speichert Kohlendioxid und kann mineralische Baustoffe ersetzen – spielt also als nachwachsender Rohstoff in der CO2-Bilanz der Gebäudeerstellung eine doppelt positive Rolle. Das Material verfügt ferner über eine hohe Zugfestigkeit und hat ein vergleichsweise geringes Gewicht. Außerdem ermöglicht das Bauen mit Holz kurze Bauzeiten durch serielles und modulares Bauen mit einem hohen Vorfertigungsgrad, was zu einem kürzeren Bauablauf führen kann.

Woran liegt es also, dass Holzhybrid zwar in aller Munde, aber längst nicht auf jeder Baustelle vertreten ist? Die Antworten darauf fallen unterschiedlich aus. Architekten – so sagt es eine Befragung – stehen der Holzhybridbauweise offen gegenüber. Größtes Hemmnis sei die Unkenntnis der Bauherren. Diese wiederum machen – ebenfalls berechtigt – einen Mangel an Erfahrung bei Architekten, Planern und ausführenden Unternehmen aus. Schließlich ist die Zahl der großen Projekte noch begrenzt. Schaut man genauer hin, lässt sich die Liste der Chancen und Risiken bei der Holzhybridbauweise noch verlängern:


  • Anforderungen an den Brandschutz 
    Die Kombination aus Holz und nichtbrennbaren Materialien sowie eine Trennung der Geschosse machen im Holzhybridbau einen ebenso guten Brandschutz wie bei der Massivbauweise möglich. Je nach Land und Landesbehörde können die Auflagen aber höher sein.
  • Geringere „Baunebenwirkungen“
    Durch kürzere Bauzeiten und serielle Modulfertigung können Bauzeiten und damit eben auch die Staub- und Geräuschemissionen für die Nachbarschaft deutlich verkürzt und Kosten prinzipiell verringert werden. Die Verlagerung der Arbeit von der Baustelle in die Fertigungshalle, die im Zuge der Digitalisierung für viele Bauweisen Standard wird, hat im Holzbau bereits lange Tradition.
    Allerdings fehlen zum jetzigen Zeitpunkt für eine breitflächige Anwendung sowohl die Erfahrung der Planenden und ausführende Fachkräfte für den Holzbau als auch die Kapazitäten in entsprechenden Werken. Das kann für Reibungsverluste oder sogar längere Planungszeiten sorgen.
  • Lösung für den Klimaschutz?
    Ja. Holzhybridbau kann erhebliche Anteile CO2 beim Bau einsparen – Beispiele belegen, dass bis zu 80 Prozent der klimaschädlichen Ausstöße reduziert werden können. Dennoch ist diese Bauweise voraussichtlich keine Lösung für massenhafte Bauvorhaben und kann Beton nicht vollständig ersetzen – denn die Verfügbarkeit von nachhaltig gewachsenem Holz ist bei sehr starker Nachfrage nicht gewährleistet. Muss das Holz über weite Strecken transportiert werden, trübt das wiederum die Klimabilanz. 

Ein Baustein im Klimaschutz-Mix

In der Baubranche findet ein Umdenken statt und so viel ist sicher: Holz ist ein flexibler, hochwertiger und beliebter Baustoff, der in allen Immobilienklassen an Bedeutung gewinnen wird. Allerdings hat die Holzknappheit im Jahr 2021 uns auch gelehrt, dass das Baumaterial nicht immer unbegrenzt zur Verfügung steht. Und was für Holz, wie für alle Rohstoffe gleichermaßen, gilt: Die volatilen Preise beeinflussen direkt die Baukosten. Holzhybrid ist kein Allheilmittel, sondern vor allem eine gute Chance mehr auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Immobilienwirtschaft.