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25.03.2024

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4 Min.

Eine Branche sucht die Trendwende

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Überkapazitäten, hohe Energiekosten und schwache Kundennachfrage – die Chemieunternehmen stecken vor allem in Europa in der Krise. Doch nicht alle Bereiche sind betroffen, weiß Deka-Analyst David Varga. Er erklärt, in welchen Nischen weiter Gewinne erzielt werden und warum sich die Aussichten für die gesamte Branche allmählich aufhellen.

Anlegerinnen und Anleger mit Chemietiteln im Depot hatten in den letzten zwölf Monaten wenig Grund zur Freude. Bei Bayer etwa sorgten hohe Wertberichtigungen und Abschreibungen für einen Verlust von fast drei Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr. Zudem zeichnet sich in der Glyphosat-Affäre vor und außerhalb der Gerichte weiterhin keine Lösung ab. Vor allem jedoch ächzt der Leverkusener Konzern unter seiner Schuldenlast.

Kaum besser sieht es rund 250 Kilometer rheinaufwärts bei der BASF aus. Wegen der hohen Energiepreise lohnt sich die Produktion am Stammsitz in Ludwigshafen seit zwei Jahren nicht mehr. Weil die Nachfrage weltweit sinkt, schrumpfen Umsatz und Gewinn des weltgrößten Chemiekonzerns. Das Management setzt nun mit Milliardeninvestitionen auf den neuen Standort in China, zugleich werden Anlagen in Deutschland geschlossen. Doch ob sich die Hoffnung auf Wachstum erfüllt, ist offen. Fragezeichen um die Zukunft gibt es auch bei Evonik. Ähnlich wie Bayer will der Essener Spezialchemiekonzern seine Verwaltung verschlanken. Bis zu 2.000 Stellen fallen weg, allein rund 1.500 in Deutschland. 

Bayer, BASF, Evonik – nur drei Beispiele für die momentane Krise, in der sich die Chemiebranche nicht nur in Deutschland, sondern in Europa befindet. Der globale Markt ist rund 7,7 Billionen Euro schwer. Hierzulande meldet die Branche über 310.000 Beschäftigte und macht 335 Milliarden Euro Umsatz. Damit belegt Deutschland nach den USA Platz drei in der Weltrangliste. Zum Vergleich: China als größter Chemieproduzent erreicht ein Umsatzvolumen von mehr als drei Billionen Euro.

Chemiebranche steckt in zyklischer Talsohle

Auch an der Börse ist die Stimmung in puncto Chemie eher schlecht. Mit der Branche sei kein Geld zu verdienen, so der allgemeine Tenor. „Das stimmt so pauschal nicht“, entgegnet David Varga, Analyst bei der Deka. „Je nach Teilbereich und Region gibt es in der Branche nach wie vor gute Anlagechancen. Man findet Branchenaktien, die auf Sicht der vergangenen zwölf Monate 56 Prozent an Wert verloren haben, aber auch solche, die 100 Prozent im Plus liegen.“ Allerdings sieht auch er, dass die Branche einen zyklischen Abschwung erlebt, dem sich große Allrounder wie BASF nicht entziehen können. Hinzu kommen je nach Standort strukturelle Wettbewerbsnachteile durch hohe Energiekosten und die Herausforderungen des Klimawandels. Im Jahr 2020 haben allein die deutschen Chemiefirmen nach Angaben des BUND über 380 Milliarden Kilowattstunden Energie und Rohstoffe wie Öl und Gas verbraucht. Das entspricht dem Energieverbrauch von Dänemark und Irland zusammen. Damit ist die Branche alles andere als nachhaltig. Gleichzeitig jedoch sind chemische Produkte wie Kunststoffe und elektronische Bestandteile unverzichtbar etwa in der Medizin, im Klimaschutz und der Elektromobilität.

„Nach dem Nachfrageschub während der Pandemie wurden entlang der gesamten Wertschöpfungskette hohe Lagerbestände aufgebaut, die nun abgebaut wurden“, erläutert der Deka-Analyst den zyklischen Abschwung. „Hinzu kommt, dass die Automobil- und die Bauindustrie als Hauptabnehmer von Chemieprodukten selbst mit Auftragsrückgängen zu kämpfen haben.“

Schwaches Licht am Ende des Tunnels

Doch Varga sieht erste Anzeichen, dass sich die Stimmung aufhellt. „Die Lagerbestände haben ein normales Niveau erreicht und die Unternehmen ihre Markterwartungen realistisch angepasst, was sich auch an der rückläufigen Zahl der Gewinnwarnungen ablesen lässt“, beobachtet er. Hoffnungsvoll stimmt ihn auch der jüngste ifo-Branchenindex für Deutschland. Demnach ist die Nachfrage nach Chemieprodukten im Februar erstmals seit fast zwei Jahren wieder gestiegen, und es wurden mehr Aufträge verbucht als im Vormonat.

Doch nicht alles in der Chemiebranche ist zyklisch geprägt. „Es gibt weltweit zahlreiche Chemieunternehmen, die Jahr für Jahr stabile Gewinne erwirtschaften“, sagt Varga. „Diese Unternehmen haben im vergangenen Jahr nicht nur ihre Geschäftsprognosen erfüllt, sondern konnten entgegen dem allgemeinen Branchentrend sogar Preiserhöhungen durchsetzen.“

Grafik: KD1

Losgelöst von der allgemeinen Chemiekonjunktur ist etwa der Bereich Industriegase. Die weltweite Nachfrage wächst stabil um rund 3 Prozent – auch weil bestimmte Gase wie etwa Stickstoff in der industriellen Produktion nicht ersetzt werden können. Das verleiht den Produzenten eine hohe Preissetzungsmacht. Hinzu kommt, dass sie in der Regel langfristige Lieferverträge mit ihren Industriekunden abschließen, die feste Abnahmemengen vorsehen. Wird weniger bestellt, werden hohe Vertragsstrafen fällig. Entsprechend komfortabel ist die Position vor allem der beiden großen Player Linde und Air Liquide. Zusammen mit einigen kleineren Unternehmen haben sie den Markt faktisch unter sich aufgeteilt. „Enorme Anfangsinvestitionen in Produktionsanlagen und logistische Infrastruktur machen es fast unmöglich, dass neue Wettbewerber in den Markt einsteigen“, stellt Varga fest.

Trend zu natürlichen Aromen

Interessante Perspektiven sieht der Analyst auch im sogenannten Ingredients-Bereich – also bei Unternehmen, die Inhaltsstoffe für Lebensmittel oder Aromen und Düfte für Kosmetika herstellen. „Der Bedarf an diesen Stoffen steigt, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher sich immer mehr wünschen, dass die Produkte gut riechen und schmecken“, beobachtet er. Hinzu kommt die steigende Nachfrage nach industriell verarbeiteten Lebensmitteln. So lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Tiefkühlkost in Deutschland laut dem Datenportal Statista im Jahr 2022 bei 47,7 Kilogramm. Zwei Jahre zuvor waren es noch 44,8 Kilogramm. Ein Trend ist, künstliche Stoffe durch natürliche oder naturidentische Aromen zu ersetzen. Dies ist jedoch mit höheren Kosten verbunden, da natürliche Rohstoffe aufwendiger zu beschaffen sind.

Aber nicht nur das macht der Branche zu schaffen. Entgegen den Erwartungen war auch die Gesamtnachfrage zuletzt leicht rückläufig. Viele Aktien aus dem Bereich Ingredients weisen daher einen Bewertungsabschlag gegenüber den Industriegaseanbietern auf. Diese Lücke könnte sich laut Varga im laufenden Jahr aber wieder schließen. So legte die Symrise-Aktie Anfang März einen regelrechten Kurssprung aufs Parkett. Der Grund: Der Duft- und Aromaspezialist aus Holzminden hatte nach durchwachsenen Geschäftszahlen eine deutlich über Markterwartung liegende Prognose für das laufende Geschäftsjahr gegeben.

Titelfoto: BASF SE

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